Sie verband die tiefe Leidenschaft für das Fliegen

Die Segelflug-Veteranen Günter Ruffert und Alfred „Fredy“ Blaek sind gestorben

Die ersten Flüge in den lautlosen Gleitern erlebten die beiden Segelflugveteranen bereits als Jungen während des Krieges. Mit den ersten einfachen Flugzeugen wie dem SG-38 glitten sie die Hänge herunter. Der eine in seiner Heimat Schlesien, der andere bereits in Borkenberge. Später in den 1950er Jahren waren Günter Ruffert und Alfred „Fredy“ Blaek dabei, als in Borkenberge der Flugbetrieb wieder aufgenommen wurde. Sie erwarben sich große Verdienste um den Luftsport.

Fredy Blaek als Fluglehrer in einem Mitgliedsverein der Borkenberge-Gesellschaft. Günter Ruffert unterstützte als Handwerker zahlreiche Baumaßnahmen, unter anderem den Bau des Towers.
Im Oktober diesen Jahres sind Günter (96 Jahre) und Fredy (94 Jahre) nur wenige Tage nacheinander verstorben. Der Luftsportverein Herne-Wanne-Eickel e.V. verliert damit zwei Veteranen und Zeitzeugen, die die Anfänge des Segelfluges in den 1940er und 1950er Jahren miterlebt und auf ihre Art auch mitgeprägt haben.

Bei dem Ehrenmitglied des Vereins Günter Ruffert wurde die Begeisterung für das Fliegen bereits mit 14 Jahren geweckt, als ein Segelflugpilot auf einem Acker hinter der Schule in dem schlesischen Dorf Kummernick landete. Der Lehrer lies den Mann vor den Schülern vom Fliegen erzählen – und der junge Günter wusste sofort, dass er in die Lüfte aufsteigen wollte. Auf einem nahegelegenen Flugplatz folgten die ersten Gleitversuche und bereits 1942 legte er mit 15 Jahren die A-Prüfung ab, es folgten die B-und-C Prüfung und mit 17 Jahren der Luftfahrerschein. Mit dem damals bekannten „Grunau-Baby“ absolvierte er so manche Flugstunde.

Doch der Krieg unterbrach seine Fliegerkarriere abrupt. Mit 17 Jahren wurde er 1944 zwar zur Luftwaffe eingezogen, aber der Armee ging das Benzin aus. Günter Ruffert musste als blutjunger Soldat in den letzten Schlachten des Zweiten Weltkrieges kämpfen. An der Westfront im Hürtgenwald gegen die US-Armee, wo er verwundet wurde, und später an der Oderfront im Osten gegen die vorrückenden Panzerverbände der Roten Armee. Nach Ende des Krieges geriet er in Gefangenschaft und wurde für fünf Jahre zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert.

Dem zwei Jahren jüngeren Fredy Blaek blieb es in seiner Heimatstadt Selm erspart, noch in die Armee eingezogen zu werden. Doch seine ersten Flugübungen konnte er am Ende des Krieges bereits in Borkenberge machen, das damals noch ein Notlandeplatz für die Luftwaffe war. Auf der SG-38 glitten er und andere Jungen erstmals die Hügel hinunter. Nach Kriegsende war das Fliegen in Deutschland für einige Jahre nicht möglich.

In den 50er Jahren waren Günter Ruffert – nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft und der Vertreibung der Familie nach Bochum – und Fredy Blaek sofort dabei, als in Borkenberge der Flugbetrieb aufgenommen und der Platz nach und nach wieder aufgebaut und modernisiert wurde. Sie halfen mit, Hallen zu errichten und Flugzeuge wieder flugfähig zu machen.

Die Wochenenden gehörten für die beiden Segelflugenthusiasten fast immer ihrem Hobby. So manche Stunde verbrachten sie in der Luft bei Überlandflügen. Oder sie trafen sich bei Urlauben auf der Schwäbischen Alp in Klippeneck, um sich mit den dort heimischen Segelfliegern auszutauschen und zu fliegen. Günter Ruffert war 1953 zudem der erste Flugschüler an der Segelflugschule in Unterwössen. In Borkenberge half er als Handwerker bei zahlreichen Arbeiten auf dem Flugplatzgelände mit und wurde für seine Verdienste um das Bauwesen von der Borkenberge-Gesellschaft ausgezeichnet.

Fredy Blaek fand seine Leidenschaft darin, den Nachwuchs auszubilden und seine Kenntnisse und Fähigkeiten an junge Frauen und Männer weiterzugeben. Für seine 30-jährige Tätigkeit als Fluglehrer und seine Verdienste um den Luftsport erhielt er eine Plakette und das Otto-Lilienthal-Diplom.

Fredy Blaek schulte die Jugend noch bis zu seinem 70. Lebensjahr, und beendete seine aktive Fliegerkarriere mit 73 Jahren aus gesundheitlichen Gründen. Günter Ruffert durfte noch bis zu seinem 83. Lebensjahr fliegen, dann bestand er die medizinische Tauglichkeitsprüfung nicht mehr – als Copilot durfte er aber noch an seinem 90. Geburtstag als besonderes Geschenk mitfliegen.

Beide Veteranen blieben dem Flugplatz Borkenberge und ihrem letzten Verein dem LSV Herne-Eickel bis ins hohe Alter treu. Noch mit über 90 Jahren kamen sie regelmäßig zum Kaffeetrinken in das Vereinsheim: Sie genossen es, weiter den Segelflugzeugen zuzusehen, den Gesprächen der noch aktiven Segelflieger zu lauschen und ihre Erfahrungen weiter zu geben.

Michael Ruffert